Nibalis Freunde - Texter Sautter
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Nibalis Freunde

Kaffeefahrt, Etappe 8, Arsiero – Trento, 80 km , 2.400 Höhenmeter.

Als typische Italiener sind wir natürlich Fans von Vincenzo Nibali. Der Hai von Messina zählt zu den wenigen Profis, die Tour, Vuelta und Giro gewonnen haben. Diese Saison ist seine letzte. Rücktritt ist verkündet. Den Legendenstatus hat der gebürtige Sizilianer nicht nur wegen der Titel, sondern wegen seiner Fahrweise. Mit Nibali musst du immer rechnen, egal wie weit er hinten liegt. 2016 hatte er beim Giro schon mehr als vier Minuten Rückstand. Dann fuhr er erst den Führenden Steven Kruiswijk aus den Schuhen. Der Holländer bremste vor lauter Schwäche in einem Schneehaufen. Ein Tag später holte er sich von Esteban Chaves das Maglia Rosa. Nibali ist ein Kämpfer. Wenn er will, schnappt er sich auf der Abfahrt eine halbe Minute von allen anderen. So gewann er mal die Lombardia. Also das klassische Eintagesrennen, das direkt durch sein Trainingsrevier führt. Nibali hat sich unweit vom Lago di Lugano niedergelassen. Also selbes Trainingsrevier wie der Michl. Auch selbes Kämpferherz.

Wenn Michl beim Training am Monte Bisbino von einem drahtigen Italiener abgestellt wird, dann kann das eigentlich nur Nibali höchstpersönlich gewesen sein. Unglaublich? Von wegen. Das folgt tatsächlich einer gewissen Logik. Letztes Jahr war ich mit dem Hai vom Bopser auf dem Rückweg von der Schwäbischen Alb. Rüber nach Metzingen zog eine Hochleistungsathletin an ihm vorbei. Michl erkannte sofort, dass es sich dabei nur um die frische Olympiasiegerin im Bahn-Vierer handeln konnte. Ein paar hundert Meter vorher war er am Schild „Eningen grüßt Olympiasiegerin Franziska Brauße“ vorbeigefahren.

Aber zurück zu Nibali. Mit dem sind wir soooo dick. Guter Freund von uns, also präzise ein Freund von Mimmo, dem Wirt der Dorfbar im Osteno. Und natürlich gilt: Wer der Freund vom Mimmo ist, ist auch unser Freund, Ehrensache. Nibali Legende, keine Frage. Darum heute Ehrenhalt an der Nibali-Fankurve. Also dort wo die Fans die Straße für den Hai bemalten, zum Finale der 17. Giro-Etappe nach Lavarone, gerade drei Wochen her. Jessas, ist das steil. Wir sind auf dem Kaiserjägerweg, wieder so ein Versorgungsweg, der im 1.Weltkrieg in den Fels gehauen wurde. Atemberaubende Aussicht. 700 Höhenmeter über dem Lago Di Caldonazzo und den Valsugana. Rampen bis 16 Prozent. Frisch asphaltiert. Aber endlos steil. Keine Verschnaufpausen drin. Zweistellige Prozente ohne Ende. So steil, dass dir die Hände an den Handbremsen glühen, wenn du runter fährst.

Aber nicht, dass jemand denkt, heute wäre Mottotag Downhill und Wellness gewesen. Stolze drei Pässe auf dem Tagesmenue, so stolz, dass ich sie gerne protokolliere. Passo Coe, Passo Somma, Monterovere. Und die höchste Passage des Tages ist nicht mal dabei. Kurz vor den wundervollen Altiplano Coe war dieser Punkt. Danach war unser Tempo so langsam, dass ich die wunderbaren Blüten am Straßenrand mit der Scan-App bestimmen konnte ohne vom Rad abzusteigen. Unter anderem eine wilde Feuerlilie, viel gelben Enzian und wunderbare Alpen-Astern. Von uns beiden bin ich ja der Miesepampel, aber ich muss zugeben: Schon wieder ein Radtag, an dem es nichts mies zu pampeln gab. Aber überhaupt nichts. Gute Beine, einsame Straßen, feine Kaffeepausen. Mal ehrlich, ich hab mitgezählt. Heute sind wir nur viermal von anderen Rennradfahrinnen und -Fahrern überholt worden. Also ausschließlich von Weltmeistern und Olympiasiegern. Schwöre, ey.

Erkenntnis des Tages: Wenn du es einmal schaffst, eine Eisbestellung in Landessprache akzentfrei zu formulieren, lautet die Rückfrage vom Eisverkäufer wahrscheinlich: „Im Waffelbecher oder im Pappbecher?“ Ebenso akzentfrei.

Pedescala
Valico Valbona
Alpen-Astern am Passo Coe
Giro-Deko in Lavarone
Kaiserjägerweg überm Valsugana