28 Jul Tracht und Lycra
Friedensfahrt, Etappe 3, Regensburg – Frauenau
Der Trachtenverein Brennberg feierte sein Fünfzigjähriges. Erst Kirche, dann Frühschoppen und dann erschien ich, in komplett unzünftigem Radler-Lycra. Neugierig bin ich ja schon. Drum hatte ich mich mutig dem Festzelt genähert. Außerirdischer Hilfsausdruck. Fast monochrom, mein Dress. Manche würden sagen, so viel Figur hätt‘ man gar nicht sehen wollen. Ganz im Gegensatz zum feinen Trachtenzwirn der anwesenden Feiergesellschaft. Ganz schön üppig alles, inklusive der roten Kugeln, die als Köpfe aus den Trachten herausschauten. Fast hätte ich mich an einen Tisch der schön Getrachteten gesetzt. Die Madls trugen sogar Krönchen im Haar. Aber ich war unsicher, ob ich deren Sprache verstehe – und sie meine. Außerdem wäre ich bei gutem Gesprächsverlauf genötigt worden, ein Bier zu trinken. Zug hätt ja ich drauf gehabt. In Brennberg brannten mir bereits die Waden – und die Elektrolyte, frage nicht. In den Gründerjahren des Radsports galt Bier als hilfreich für die Puste. Aber heut weiß man’s ja besser. Und es war erst Elfe. Der Einstieg in den Bayrischen Wald geht voll zu Sache. Was Rauf und Runter betrifft, handelt es sich um ein extrem willkürliches Mittelgebirge. Von wegen rhythmisches Treten. Steil rauf, und wieder leicht runter. Noch steiler rauf, und wieder etwas runter. So viel geschaltet hab ich mein ganzes Leben nicht wie heute. Später hat sich rausgestellt, dass auch das Runterfahren brennt. Immer diese giftigen Gegenhänge. All das ahnte ich bereits Brennberg im Angesicht der Madln und Burschen. Nee… Hat hier jemand Feigling gesagt? Hab ich nicht gehört.
Bei runden hundert Kilometern, die ich noch zu absolvieren hatte, durfte ich auf keinen Fall leichtsinnig werden. Ganz besonders bedanken will ich mich beim Wetter. Die fette Wolke hat die Sonne abgehalten, wirklich eingenässt hat sie mich erst auf den letzten Metern. Bravo. Darum keine abwegigen Gedanken heute, nur Treten und Schalten, sonst nichts. Und gleich gar kein Bier zum Frühschoppen. Nur Treten und Schalten. Treten und Schalten.
Erkenntnis des Tages: Nur lange genug Treten und Schalten, so kommt man ans Ziel. Allerdings weiß ich jetzt schon, was mich morgen erwartet. Bin ja erst in Zwiesel. Der Wald wird weiter gehen.
Regensburg – Frauenau bei Zwiesel: 134 km, ca. 1800 Höhenmeter