01 Okt In Gummistiefeln
Ronde, Etappe 8 (Halbetappe) Kwaremont – Meulebeke – Kortrijk, 60 Kilometer, 160 Höhenmeter
In der Nacht hatte es geschüttet, was im Wolkenkübel drin war. Genau richtig! Optimale Bedingungen. Gibt nicht viele Events, zu denen die Leute mit Gummistiefel erscheinen. Runde 4000 werden es schon gewesen sein. Die ohne Gummistiefel mitgezählt. Endlich nicht selbst radeln, sondern radeln lassen. Ich hatte nur ne Halbetappe. Alles flach. Ich wollte nicht vorwärts kommen, sondern zum Berencross in Meulebeke. Drittes Rennen der Exakt Serie und letzte Vorbereitung vor dem ersten Weltcup der Saison. Alle da: Die gesamte Belgische und Niederländische Elite. Die Sonne dann auch – und ich.
Bei uns heißt das Querfeldein-Rennen. Die Älteren werden sich noch an Mike Kluge oder Klaus-Peter Thaler erinnern. Außer Marcel Meisen gibt’s heute niemand aus Deutschland, der mithalten kann, und auch das nicht wirklich. Benelux ist so weit vorne. Bei Damen und Herren dominieren die Teams PauwelsSaucenBingoal und BaloiseTrek-Lions. Spezielle Cross-Teams. Also ein Wettanbieter, eine Versicherung und eine Fahrradmarke – erwartbar als Sponsoren. Aber PauwelsSaucen! Soßen?? Nun, auf der Website wird der jährliche Soßenausstoß mit 100 Millionen Liter im Jahr beziffert. Pauwels ist ein Big Player. Hab ich an Ort und Stelle getestet. Am Frituur Stand. Zu den Pommes wählte ich Sauce Andalus. Hatte ein britischer Autor als seine Lieblingssauce beschrieben. Selber Schuld, Bernd. Ein Brite! Frische Pommes lassen sich nicht schneller verhunzen als mit Sauce Andaluz.
Von meinen Eigenfehlern abgesehen, eine extrem angenehme Veranstaltung. Extrem familiär, man geht in großen Gruppen hin. Vor dem Eingang drücken mir zwei Herren eine Eintrittskarte in die Hand. Fairness, sagen sie. Bedankt, sagt ich. Als Zuschauer bißle wie beim Golf, man ist ständig in Bewegung. Mal die BunnyHops schauen, mal die Treppen, mal die Sandkasten. Gummistiefel wären jetzt praktisch. Warum eigentlich Treppen? Kommen ja in der Natur nicht so oft vor, und gleich gar nicht in der metallenen Ausführung auf deichähnliche Kunsthügel. Das wird sich auch Laurens Sweeck gedacht haben. Das ewige Talent, Spezialität Sand, rutschte in Runde 5 auf der Treppe aus, vor meinen Augen, dann war was an den Schuhen, und weg war der Sieg. Typisch Sweeck, gut angefangen und dann kommt was dazwischen. Die PauwelsSaucenBingoal-Fahrer waren alleine vorne. Sweeck abgeschlagen. Nur Lars van der Haar von BaloiseTrek-Lions konnte noch in die Suppe spucken. Gibt keinen der so geil Kamikaze fährt wie van der Haar. Dabei nie stürzt. Leider nur Dritter. Sieger Michel Vantourenhout vor Kampfwusler Eli Iserbyt.
Ebenfalls Favoritensieg bei den Frauen. Europameisterin Lucinda Brand gewinnt im Sprint. War ja klar, sagen die, die sich mit Campinghocker schon am Vormittag den besten Platz bei der Servicestation gesichert hatten. Und dann nicht rumgelaufen sind. Die besten Plätze gibt man nicht her. Lucinda bekommt bei der Siegerehrung einen Riesenteddy. Den setzt sie auf ihre Lenkerstange und fährt damit zum Duschen. Sie hat Erfahrung. In einer anderen Cross-Serie sponsert ein Badezimmer-Ausstatter. Da bekommt sie eine riesig Badeente überreicht. Lucinda braucht ein großes Haus.
Erkenntnis des Tages: Die ehrlichen Sport-Veranstaltungen erkennt man am fehlenden Merchandising-Stand – und daran, dass du für 10 Euro Mindestpreis 10 Biermarken bekommst. Dafür gibt’s tatsächlich 10 Bier. Zwar kleiner als ein Kölsch, aber immerhin.